Erkrankung vor Prüfung erfordert rasches Handeln des Prüflings
Auch der Prüfling, der wegen einer schweren Erkrankung (hier Lungenembolie) von einer Prüfung zurücktreten will, muss den Rücktritt unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt geltend machen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
Als Studierende im Studiengang Medizin nahm die Klägerin am 15. und 16. März 2016 in dem für sie letzten Prüfungsversuch an dem schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung (Physikum) teil. Am 1. April 2016 wurde sie wegen Luftnot notfallmäßig in ein Krankenhaus aufgenommen; dort wurden ihr eine Lungenembolie und eine Beinvenenthrombose diagnostiziert. Die Klägerin erhielt am 19. April 2016 die Mitteilung, dass sie den Prüfungsversuch nicht bestanden habe und damit die Prüfung endgültig nicht mehr ablegen könne. Am 21. April 2016 machte die Klägerin bei dem Prüfungsamt ihren nachträglichen Rücktritt von der schriftlichen Physikumsprüfung geltend und führte aus, sie habe bereits 2 Wochen vor der Prüfung körperliche Einschränkungen wie Kurzatmigkeit, Herzrasen und plötzliche Erschöpfungszustände gehabt, die der später festgestellten Lungenembolie zuzurechnen seien. Im Zeitpunkt der Prüfung sei sie nicht in der Lage gewesen, auf eine derart schwere Erkrankung zu schließen und von der Prüfung zurückzutreten. Um an der Prüfung teilnehmen zu können, habe sie Schmerzmittel eingenommen. Das Prüfungsamt lehnte die Gewährung eines nachträglichen Prüfungsrücktritts ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, im Zeitpunkt der Prüfung prüfungsunfähig erkrankt gewesen zu sein; außerdem sei die Geltendmachung des Rücktritts nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Das Verwaltungsgericht wies die Klage auf Genehmigung des Prüfungsrücktritts ab.
Die Klägerin habe keinen wichtigen Grund für einen Rücktritt von der Physikumsprüfung geltend gemacht. Aus den Krankenhausberichten und einem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich (auch unter Berücksichtigung der am 1. April 2016 festgestellten Lungenembolie) nicht, dass die Klägerin bereits am 15./16. März 2016 prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei. Darüber hinaus habe sie den krankheitsbezogenen Rücktrittsgrund auch nicht unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt geltend gemacht. Aus Chancengleichheitsgründen – also zur Vermeidung der Gefahr, dass sich ein Prüfling im Vergleich zu den anderen Prüfungsteilnehmern zusätzlich eine weitere Prüfungschance verschaffe – müsse der krankheitsbedingte Rücktritt unverzüglich erklärt werden, d.h. zu dem zumutbar frühestmöglichen Zeitpunkt. Dies gelte insbesondere bei einem Rücktritt nach Ablegen der Prüfung und erst Recht nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Hiernach sei die Mitteilung der Klägerin an das Prüfungsamt am 21. April 2016 verspätet. Die Klägerin habe sich selbst angesichts der Dauer und der Intensität der körperlichen Einschränkungen vor der Prüfung bereits zu diesem Zeitpunkt um eine (ärztliche) Aufklärung ihrer Prüfungsfähigkeit bemühen müssen. Komme der Prüfling dieser ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht nach und nehme er an der Prüfung teil, sei es ihm verwehrt, sich im Nachhinein auf eine Leistungseinschränkung zu berufen. Die Klägerin könne sich aber auch nicht darauf berufen, dass sie im Prüfungszeitpunkt (Mitte März 2016) unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei, also gehindert gewesen sei, ihre Leistungseinschränkung überhaupt zu erkennen und entsprechend zu handeln. Auch dann gelte aus Chancengleichheitsgründen nämlich die Pflicht, die Prüfungsunfähigkeit unverzüglich nach deren Erkennen vorzubringen. Dem sei die Klägerin mit ihrer Rücktrittsmitteilung erst am 21. April 2016 jedoch nicht nachgekommen. Es sei ihr angesichts ihrer Angaben zumutbar gewesen, dem Prüfungsamt bereits nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 6. April 2016 den krankheitsbedingten Rücktritt anzuzeigen. Auch wenn der Gesundheitszustand der Klägerin unmittelbar nach dem Krankenhausaufenthalt noch beeinträchtigt gewesen sein sollte, hätte sie mit einer Mitteilung an das Prüfungsamt jedenfalls nicht bis zum 21. April 2016 zuwarten dürfen. Die Klägerin habe nicht darlegen und nachweisen können, dass sie nach dem Krankenhausaufenthalt weitere zwei Wochen in ihrer Erkenntnis- und Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Aus Gründen der Chancengleichheit gegenüber anderen Prüfungsteilnehmern seien im Falle einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung keine grundsätzlich anderen Anforderungen an die Unverzüglichkeit des Rücktritts zu stellen. Dem jeweiligen Einzelfall werde unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit Rechnung getragen.
(Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 5. Dezember 2017, 3 K 27/17.MZ)
Als Studierende im Studiengang Medizin nahm die Klägerin am 15. und 16. März 2016 in dem für sie letzten Prüfungsversuch an dem schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung (Physikum) teil. Am 1. April 2016 wurde sie wegen Luftnot notfallmäßig in ein Krankenhaus aufgenommen; dort wurden ihr eine Lungenembolie und eine Beinvenenthrombose diagnostiziert. Die Klägerin erhielt am 19. April 2016 die Mitteilung, dass sie den Prüfungsversuch nicht bestanden habe und damit die Prüfung endgültig nicht mehr ablegen könne. Am 21. April 2016 machte die Klägerin bei dem Prüfungsamt ihren nachträglichen Rücktritt von der schriftlichen Physikumsprüfung geltend und führte aus, sie habe bereits 2 Wochen vor der Prüfung körperliche Einschränkungen wie Kurzatmigkeit, Herzrasen und plötzliche Erschöpfungszustände gehabt, die der später festgestellten Lungenembolie zuzurechnen seien. Im Zeitpunkt der Prüfung sei sie nicht in der Lage gewesen, auf eine derart schwere Erkrankung zu schließen und von der Prüfung zurückzutreten. Um an der Prüfung teilnehmen zu können, habe sie Schmerzmittel eingenommen. Das Prüfungsamt lehnte die Gewährung eines nachträglichen Prüfungsrücktritts ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, im Zeitpunkt der Prüfung prüfungsunfähig erkrankt gewesen zu sein; außerdem sei die Geltendmachung des Rücktritts nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Das Verwaltungsgericht wies die Klage auf Genehmigung des Prüfungsrücktritts ab.
Die Klägerin habe keinen wichtigen Grund für einen Rücktritt von der Physikumsprüfung geltend gemacht. Aus den Krankenhausberichten und einem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich (auch unter Berücksichtigung der am 1. April 2016 festgestellten Lungenembolie) nicht, dass die Klägerin bereits am 15./16. März 2016 prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei. Darüber hinaus habe sie den krankheitsbezogenen Rücktrittsgrund auch nicht unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt geltend gemacht. Aus Chancengleichheitsgründen – also zur Vermeidung der Gefahr, dass sich ein Prüfling im Vergleich zu den anderen Prüfungsteilnehmern zusätzlich eine weitere Prüfungschance verschaffe – müsse der krankheitsbedingte Rücktritt unverzüglich erklärt werden, d.h. zu dem zumutbar frühestmöglichen Zeitpunkt. Dies gelte insbesondere bei einem Rücktritt nach Ablegen der Prüfung und erst Recht nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Hiernach sei die Mitteilung der Klägerin an das Prüfungsamt am 21. April 2016 verspätet. Die Klägerin habe sich selbst angesichts der Dauer und der Intensität der körperlichen Einschränkungen vor der Prüfung bereits zu diesem Zeitpunkt um eine (ärztliche) Aufklärung ihrer Prüfungsfähigkeit bemühen müssen. Komme der Prüfling dieser ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht nach und nehme er an der Prüfung teil, sei es ihm verwehrt, sich im Nachhinein auf eine Leistungseinschränkung zu berufen. Die Klägerin könne sich aber auch nicht darauf berufen, dass sie im Prüfungszeitpunkt (Mitte März 2016) unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei, also gehindert gewesen sei, ihre Leistungseinschränkung überhaupt zu erkennen und entsprechend zu handeln. Auch dann gelte aus Chancengleichheitsgründen nämlich die Pflicht, die Prüfungsunfähigkeit unverzüglich nach deren Erkennen vorzubringen. Dem sei die Klägerin mit ihrer Rücktrittsmitteilung erst am 21. April 2016 jedoch nicht nachgekommen. Es sei ihr angesichts ihrer Angaben zumutbar gewesen, dem Prüfungsamt bereits nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 6. April 2016 den krankheitsbedingten Rücktritt anzuzeigen. Auch wenn der Gesundheitszustand der Klägerin unmittelbar nach dem Krankenhausaufenthalt noch beeinträchtigt gewesen sein sollte, hätte sie mit einer Mitteilung an das Prüfungsamt jedenfalls nicht bis zum 21. April 2016 zuwarten dürfen. Die Klägerin habe nicht darlegen und nachweisen können, dass sie nach dem Krankenhausaufenthalt weitere zwei Wochen in ihrer Erkenntnis- und Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Aus Gründen der Chancengleichheit gegenüber anderen Prüfungsteilnehmern seien im Falle einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung keine grundsätzlich anderen Anforderungen an die Unverzüglichkeit des Rücktritts zu stellen. Dem jeweiligen Einzelfall werde unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit Rechnung getragen.
(Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 5. Dezember 2017, 3 K 27/17.MZ)
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